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Hiermit nimmt die Landesstudierendenvertretung (LaStuVe) Baden-Württemberg gemäß der Aufforderung des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst vom <Datum> Stellung zum Anhörungsentwurf des Vierten Hochschulrechtsänderungsgesetzes vom 27.07.2020. Wir bitten das Ministerium diese Stellungnahme entsprechend der Größe der betroffenen Statusgruppe zu gewichten und in den weiteren Gesetzgebungsprozess mit aufzunehmen.

Zu den im Anhörungsentwurf des Vierten Hochschulrechtsänderungsgesetzes vorgeschlagenen Änderungen des Landeshochschulgesetzes nimmt die LaStuVe wie folgt Stellung:

Einführung des § 62a LHG

Die Landesstudierendenvertretung lehnt die Einführung der vorgeschlagenen § 62a (1-3) in aller Härte ab und mahnt diese zurückzunehmen.

In diesem Paragraphen wird eine Regelung getroffen, die den Rektoraten bei sog. Ordnungsverstößen von Studierenden eine Reihe an Ordnungsmaßnahmen bis hin zur Zwangsexmatrikulation zuspricht.

Die LaStuVe sieht dies sehr kritisch, da neben sexueller Belästigung und der Verurteilung wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat auch ein "schwerwiegend[er] oder wiederholter Verstoß gegen [Anordnungen] im Rahmen des Hausrechts" ein Ordnungsverstoß sein kann. Dazu sollen sowohl Störungen des Betriebsablaufes als auch die Behinderung von Hochschulangehörigen gehören.

Hiermit tut sich eine archaische Justizinstanz der Hochschulleitungen auf, die vor einem halben Jahrhundert schon abgeschafft wurde. Würde dieser Paragraph so umgesetzt, so wäre dies ein historischer Rückschritt der Bürgerrechte aller Studierenden Baden-Württembergs und eine Einladung zur Willkürjustiz an Hochschulen. Die Auslegung dieser schwammig formulierten Regelungen nach Gutdünken der Hochschulleitungen würde wie ein Damokles-Schwert über Studierenden hängen. Damit würde studentisches Engagement und Protest, der Arbeitskampf und demokratische Teilhabe am Hochschulgeschehen über Gebühr eingeschränkt.

Wir halten diese Neuregelung für unnötig, rückschrittig und autoritär und fordern in aller Schärfe diese zurückzunehmen. Sollte trotz allem daran festgehalten werden fordern wir, dass § 62a (1) Nr. 1 gestrichen wird und, dass die Zustimmung der VS Voraussetzung für die Feststellung eines Ordnungsverstoßes nach den (jetzigen) § 62a (1) Nr. 2 und 3 wird.

Änderung von § 2 (5) LHG

Die LaStuVe begrüßt die Änderung von § 2 (5). Diese geht in die richtige Richtung, indem sie die Hochschulen mehr in die Mitte des gesamtgesellschaftlichen Diskurses rückt. Hierbei ist Nachhaltigkeit als Thema besonders wichtig, da den Hochschulen eine verantwortungsvolle Rolle zu kommt - sowohl als Bildungs- und Forschungseinrichtungen als auch als Betriebe mit den größten Energieverbräuchen unter den Landeseinrichtungen.

Änderung von § 5 (3) LHG

Die LaStuVe kritisiert den neuen § 5 (3). Hier werden sensible Daten Studierender über Studienverläufe ohne ersichtlichen Grund erhoben und lediglich pseudonymisiert. Bekannterweise sind Pseudonymisierungen schnell rückgängig gemacht und liefern unzureichenden Datenschutz.

Änderung von § 7 LHG

Die in den Änderungen von § 7 verankerte Aufwertung der Struktur- und Entwicklungsplanung wird von der LaStuVe begrüßt. Hiermit werden die Hochschulen nun verpflichtet auch die strategische und organisatorische Entwicklung im weiteren Sinne niederzuschreiben. Dies ist begrüßenswert, da somit langfristige Entwicklungsprozesse der Hochschulen verschriftlich werden und in den hochschulpolitischen Diskurs aufgenommen werden können.

Änderung von § 9 (1) a LHG

Die LaStuVe kritisiert den neuen Absatz § 9 (1) a, da sich die LaStuVe grundsätzlich gegen die Festschreibung eines Verhüllungsverbots für Studierende an Hochschulen ausspricht.

Änderung von § 13 (10) LHG

Das in § 13 (10) festgehaltene Flächenmanagement begrüßt die LaStuVe. Hier formalisiert die Landesregierung die in der HoFV festgehaltenen Absprachen mit den Hochschulen. Dies ist ganz im Sinne der Forderungen der LaStuVe zur HoFV vom 10.07.2019.

Änderung von § 16 (3) Pkt 17 LHG

Prinzipiell begrüßt die LaStuVe es sehr, dass die Aufgabe von Klimaschutz über § 16 (3) Pkt 17 jetzt auch gesetzlich an den Hochschulen des Landes BW verankert wird. Es ist sinnvoll und notwendig, eine zentrale, klare Zuordnung der Verantwortlichkeit für Klimaschutz und generell Nachhaltigkeit an den Hochschulen festzulegen. Allerdings hält die LaStuVe es für problematisch, die Art und Weise der strukturellen Verankerung komplett dem Rektorat zu überlassen. Eine effektive Nachhaltigkeitsarbeit kann zwar nur mit einer guten Zusammenarbeit aller Akteur*innen gelingen, jedoch wird hierfür auch eine kritische inhaltliche Distanz zu den Leitungen der jeweiligen Institutionen benötigt. Deshalb schlägt die LaStuVe vor, konkret eine zentrale Stelle mit der Verantwortlichkeit zu Nachhaltigkeit an den Hochschulen im LHG zu verankern. Bezüglich der Chancengleichheit von Männern und Frauen wurde eine Verankerung bereits durch § 4 eingeführt, worin explizit die Auseinandersetzung der Hochschulen mit diesem Thema gefördert und die Schaffung entsprechender Strukturen und Personal für die Erfüllung der Aufgaben festgeschrieben wird. Angesichts der Tragweite der Anforderungen nachhaltiger Entwicklung hält die LaStuVe es für notwendig, einen ähnlichen Paragraphen mit entsprechenden Strukturen auch für das Thema Nachhaltigkeit zu schaffen. Eine Alternative dazu wäre eine Verwaltungsstelle ähnlich der existierenden Stelle der Uni Freiburg einzurichten, die einem Prorektorat zugeordnet wird.

Änderung von § 30a LHG

Die LaStuVe begrüßt die Änderung von § 30a eindeutig. Hier wird nun das im Grundgesetz § 20a verankerte Staatsziel des Tierschutzes in Landesrecht gegossen, wie in unserem Forderungskatalog vom 01.03.2020 erwähnt.


Zu den im Anhörungsentwurf des Vierten Hochschulrechtsänderungsgesetzes vorgeschlagenen Änderungen des Studierendenwerksgesetzes nimmt die LaStuVe wie folgt Stellung:

Änderung von § 6 (4) und § 9 (2) StWG

Die LaStuVe begrüßt ausdrücklich die Änderung des § 6 Abs. 4 S. 1 bis 3 StWG und § 9 Abs. 2 S. 2 StWG sowie Folgeregelungen, durch welche Stellvertreter*innen im Verwaltungsrat vorgesehen werden und der Amtszeitbeginn der Verwaltungsräte nun durch die Satzung des Studierendenwerkes festgelegt wird.

Die Möglichkeit der Stellvertretung ist aus studentischer Perspektive besonders wichtig, da Studierende im Gegensatz zu den Rektoratsmitgliedern und Externen ihren Terminplan i.d.R. nicht in gleicher Eigenständigkeit festlegen können und öfter durch Prüfungen und andere auferlegte Verpflichtungen verhindert sind. Ferner ist der Wechsel unter den studentischen Mitgliedern naturgemäß höher und mit Stellvertreter*innen entstehen somit auch keine Vakanzen. Dass der Amtszeitbeginn durch die Satzung festgelegt werden kann ist aus den in der Begründung des Gesetzesentwurfes genannten Gründen begrüßenswert.

Änderung von § 8 (3) StWG

Die Änderung des § 8 Abs. 3 StWG ist grundsätzlich geeignet lokale Besonderheiten zu berücksichtigen. Dass die Zusammensetzung der Vertretungsversammlungen „vor Ort“ in den Satzungen der jeweiligen Studierendenwerke festgeschrieben werden kann, ist daher zu begrüßen. Jedoch bleibt die Zusammensetzung der Vertreterversammlung durch die große Zahl von Rektoratsmitgliedern und gewählten Hochschullehrern insgesamt weiterhin vollkommen unzureichend. So könnte bspw. auch die Aufgrund dieser Gesetzesänderung notwendige Anpassung der Satzung gegen die Stimmen aller studentischen Mitglieder verabschiedet werden. Dieser Zustand ist für die LaStuVe nicht haltbar!

Die Studierendenwerke sind gemäß § 2 Abs. 1 und 2 StWG ausschließlich für die „sozialer Betreuung und Förderung der Studierenden“ zuständig. In der Struktur der Organe der Studierendenwerke spiegelt sich dies jedoch nicht wieder. In keinem Organ des Studierendenwerkes stellt die Gruppe, um die es geht – die Studierenden – einen maßgebenden Anteil.

Jedem Studierenden wird grundsätzlich ein Professor oder Rektoratsmitglied „gegenüberstellt“. Dabei wird verkannt, dass es sich um Bürgerinnen und Bürger handelt, die einem Studium an einer Hochschule nachgehen. In jedem Land (außer Bayern) stellen die Studierenden deutlich mehr Mitglieder in den Organen als bei uns in Baden-Württemberg. In den meisten Ländern sind es sogar die Hälfte oder die Mehrheit der Mitglieder der Verwaltungs- bzw. Aufsichtsräte!

Genauso, wie es eine Professorenmehrheit an Hochschulen bei Fragen der Forschung und Lehre gibt, sollte die Studentenmehrheit im Studierendenwerk bei Frage der sozialen Fürsorge der Studierenden eine Selbstverständlichkeit sein.

Konkret müssen daher folgende Änderungen vorgenommen werden:

  • § 8 Abs. 3 StWG: Im Verwaltungsrat sollten die Studierenden nicht wie bisher ein Drittel, sondern die Hälfte der Mitglieder stellen.

  • § 8 Abs. 2 und 3 StWG: Der Vertretungsversammlung sollten nicht zwingend alle hauptamtlichen Rektoratsmitglieder der zugehörigen Hochschulen angehören. Ferner ist die Wahl weiterer Hochschullehrer für die Arbeit der Vertretungsversammlung im Hinblick auf die Aufgaben der Studierendenwerke nicht angezeigt.

Änderung von § 12 StWG

Die Änderung des § 12 StWG begrüßt die LaStuVe. Hier war es wichtig Rechtssicherheit für Studierende in Kooperationsstudiengängen bezüglich der Studierendenwerksbeiträge zu schaffen und eine übergebührende finanzielle Belastung dieser Studierenden auszuschließen.


Weiterhin möchten wir auf Forderungen unsererseits hinweisen, die es nicht in dieses Hochschulrechtsänderungsgesetz geschafft haben und um Nachbesserungen bitten:

Mobilisierung von Hochschulangehörigen

Es fehlt die Aufnahme unsere Forderung, dass nach § 9 II LHG "Die Mitglieder der Hochschule haben das Recht und die Pflicht, an der Selbstverwaltung [...]" stehen soll: "Maßnahmen zur Mobilisierung von Hochschulangehörigen sind zu unterstützen, insofern sie zur Mitwirkung an der Selbstverwaltung und an den Aufgaben der Hochschule und ihrer Organe beitragen; sie können nur aus schwerwiegenden Gründen untersagt werden." Dies ist unabdinglich um den Verfassten Studierendenschaften die Möglichkeit zu geben ihre Mitglieder adäquat zu informieren und am hochschulpolitischen Diskurs teilhaben zu lassen.

Bildung für Nachhaltige Entwicklung

Als Landesstudierendenvertretung liegt uns eine gute Lehre für die Studierenden besonders am Herzen. Angesichts der großen ökologischen Herausforderungen, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf unsere zukünftige berufliche Praxis sowie unser soziales Zusammenleben auswirken werden, hält die LaStuVe es für unabdingbar, dass dies entsprechend in der Lehre berücksichtigt wird. Die LaStuVe schlägt deshalb vor, § 29 LHG so anzupassen, dass das Konzept für eine Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) berücksichtigt und explizit darauf Bezug genommen wird. BNE an Hochschulen kann wesentlich dazu beitragen, dass wir Studierenden die globalen Herausforderungen besser reflektieren können und befähigt werden, politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen mitzugestalten.

Hochschulen als gesellschaftliche Akteur*innen

Wir fordern weiterhin die Einführung eines neuen § 40 (2) LHG "(2) Hochschulen sind dazu verpflichtet, Forschung für die und mit der Gesellschaft zu fördern. nachhaltigkeitsbezogene, inter- bzw. transdisziplinäre Forschung soll strukturell unterstützt werden. Die Forschungsergebnisse sollen frei zugänglich sein und gesellschaftsrelevante Inhalte in verständlicher Art und Weise veröffentlicht werden.“ Selbstverständlich sind Forschung und Lehre frei. Jedoch sollte wegen der Stellung der Hochschulen im gesellschaftlichen Diskurs besonders jene Forschung und Lehre gefördert werden, welche zur Lösung gesellschaftlicher und ökologischer Problemen beiträgt. Auch muss das hier generierte Wissen verständlich kommuniziert und für alle Menschen zugänglich sein.

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